Foucault- , Caustic-und Lateraler Draht-Test

Martin Trittelvitz 2003

Wer in den letzten Jahren über das Feld einer Starparty gegangen ist, dem sind sicher die vielen großen Teleskope, besonders auch Dobsonteleskope aufgefallen. Nun sind zwar nicht alle Spiegel dieser Teleskope selbstgeschliffen, aber die Dobsons waren immer schon eine Domäne der Selbstbauer, und so mancher größere Spiegel ist auch selbstgeschliffen. Im selben Maß wie die Teleskope gewachsen sind, wachsen auch die Ansprüche der Amateurspiegelschleifer an die Öffnung ihrer neuen Optik. Kaum ein Anfänger läßt sich heute noch auf unter 10 Zoll runterhandeln. Ein 6-Zoll-Spiegel geht heute schon nur noch als größerer Sucher durch, und ein ernstzunehmender Spiegel fängt so ab 10-12 Zoll an! Da stellt sich natürlich die Frage, ob der Amateur mit dieser Öffnung nicht überfordert ist! Wie sieht denn die meßtechnische Seite aus? Schließlich kann ein Spiegelschleifer nur die Fehler beseitigen, die er mit seinem Meßverfahren auch feststellen kann. Gerade bei größeren Spiegeln stoßen die herkömmlichen Testverfahren an ihre natürliche Grenze. Zudem werden einzuhaltenden Toleranzen bei zunehmender Öffnung und kürzer werdender Brennweite immer enger.

Bis heute ist die Schattenprobe nach Foucault die am meisten genutzte Probe zur Kontrolle der Oberflächenform einer Spiegelfläche. Entwickelt wurde diese Methode von dem Physiker Leon Foucault, dem um 1859 damit ein Durchbruch in der Herstellung und Beurteilung von Fernrohrspiegeln gelang. Bis dahin waren die Spiegelschleifer zur Erlangung einer möglichst präzisen Spiegeloberfläche auf die überlieferten Erfahrungen ihrer Lehrmeister und auf die selbst gemachten Erfahrungen angewiesen. Eine Kontrolle der erzielten Oberflächenqualität war danach erst nach Fertigstellung eines Instrumentes und dann durch die Prüfung am Stern möglich. Erst Foucault brachte buchstäblich Licht in das Dunkel dieses Herstellungsprozesses. Sein Test ermöglichte, daß man genau feststellen konnte an welcher Stelle sich die Lichtstrahlen vereinen, die von jeder einzelnen Zone auf dem Spiegel kommen

Man braucht für diesen Test drei Dinge: 1.) Den Spiegel, der in einer Halterung justierbar gelagert wird. 2.) Eine punktförmige Lichtquelle, welche genau im Kugelzentrum des Spiegels aufgestellt wird. Der Spiegel bildet nun die Lichtquelle wieder in einem Lichtpunkt ab. 3.) Eine Messerschneide wird nun in diesen Bildpunkt hineingeschoben, das passierende Lichtbündel mit dem Auge betrachtet. Die Messerschneide blockiert nun alle Lichtstrahlen, welche zu weit zur Messerschneide hin fallen. Alle die zu weit von der Messserschneide weg passieren diese ungehindert. So sieht man auf dem Spiegel ein Relief, welches die Abweichungen von der Kugelform deutlich macht.

Dieses einfache Verfahren funktioniert nur bei einem kugelförmigen Spiegel. Bei unseren Newtonfernrohren ist aber die Verwendung von Kugelspiegeln auf kleine und langbrennweitige Spiegel beschränkt. Wir wollen also lieber Parabolspiegel herstellen. Ein Parabolspiegel hat die Eigenschaft das Licht eines Sternes in einem einzigen Punkt zu vereinen. Leider trifft das nicht für das Licht unserer Punktquelle zu, da sich diese Punktquelle nicht im Unendlichen befindet. Jede Zone des Spiegels vereinigt ihr Licht in einem anderen Punkt, der um so weiter vom Spiegel entfernt ist, je weiter die Spiegelzone vom Spiegelzentrum entfernt ist. Den Zusammenhang zwischen der Spiegelzone und der Lage des zugehörigen Strahlenschnittpunktes kann man mit folgender Formel berechnen:

S = h 2 / R | 1.

Wobei h der Radius der entsprechenden Zone, R der Kugelradius und S die resultierende Verlängerung der Strahlenschnittweite der entsprechenden Zone ist.

Daraus folgt, daß der Radius der Kurvatur einer Zone gleich

Rh = R + h 2 / R | 2.

ist.

Mit der Messerschneide kann ich die Lage dieser Bildpunkte feststellen, wenn ich den Ort suche wo die entsprechende ringförmige Zone beim Hineinneigen des Messers in den Lichtstrahl gleichmäßig dunkel wird. Der gemessene Wert kann jetzt mit dem berechneten verglichen werden. In der Praxis deckt man den Spiegel mittels einer scheibenförmigen Maske aus dünner Pappe ab, in welche symmetrisch zur Mitte entsprechend dem Radius der zu bestimmenden Zonen, mehrere Öffnungen eingebracht wurden. Nun sucht man die Messerschneideposition, in der die Öffnungen der betreffenden Zone beim Hineinneigen der Messerschneide gleichzeitig abgedunkelt werden. Die Distanz zur Position der Schnittweite des Spiegelzentrums ist der gesuchte Meßwert. Man vergleicht ihn mit dem in Gleichung 1 ermittelten Ergebnis, und bekommt so für jede Zone ein Maß für die Abweichung von dem idealen Spiegel. Es gibt mehrere Rechenverfahren um aus diesen Ergebnissen ein Profil der Spiegeloberfläche zu erhalten, welches beim Polieren das weitere Vorgehen bestimmt.


 

Abb.1: Caustisches Horn (rot)

Nun leidet dieser Test aber trotz seiner genialen Einfachheit an einer Unzulänglichkeit. Zur Bestimmung der Oberflächeform bestimmt man beim Foucaulttest immer den Schnittpunkt der Lichtstrahlen mit der optischen Achse des Spiegels. Da sich die Lichtstrahlen der einzelnen Zonen aber gar nicht auf der optischen Achse vereinen, ist dieser Ort nicht scharf begrenzt, und daher nur mit einer gewissen Unsicherheit feststellbar. Diese ist um so größer, je größer die Öffnung und je kürzer die Brennweite des Spiegels ist. Die Lichtstrahlen, die von einer kleinen Teilfläche unseres Spiegels kommen, schneiden sich tatsächlich jenseits der optischen Achse. Dabei liegt für jede Teilfläche des Spiegels dieser Punkt fest. Zusammengenommen ergeben diese Punkte eine Figur, die das Caustische Horn genannt wird. (siehe Abb. 1)

Für eine Paraboloidfläche kann diese Figur nach folgenden Formeln vorausberechnet werden:

Y = 3 * h 2 / R      | 3.

X = 4 * h 3 / R 2   | 4.

Mit Hilfe eines Apparates, der dem Foucaut-Apparat vergleichbar ist kann man die Lage dieser Figur überprüfen. Das Testgerät muß dabei so ausgelegt sein, daß die Messerschneide wie beim Foucaulttest auf den Spiegel zu und von ihm weg bewegt werden kann, zusätzlich muß sie auch quer zur optischen Achse bewegt werden können. Die Meßwerte (längs und quer zur optischen Achse) werden aufgenommen und mit den zuvor berechneten verglichen. Es ist dazu ein erhöhter konstruktiver Aufwand notwendig, da nun die Messerschneide nicht mehr einfach in den Strahlengang geneigt werden kann, dies muß durch eine präzise parallele Führung geschehen. Statt einer Messerschneide benutzt man auch besser einen senkrecht gespannten Draht, mit dem sich der gesuchte Strahlenschnittpunkt am genauesten aufsuchen läßt.

Dabei ist festzustellen, daß die Empfindlichkeit der Methode erheblich größer ist als die einfache Schattenprobe. Mindestens bei Spiegeln mit großen Öffnungen und kurzen Brennweiten lohnt sich der zusätzliche Aufwand, da hier mit dem üblichen Foucaulttest nicht die sichere Beurteilung der Spiegelfläche im Bereich von 1/10 Wellenlängen möglich ist.
 

Eine Variante des Caustiktestes, der sogenannte "Poormans Caustic Test" nutzt die Tatsache, daß der erste Lichtschimmer und der letzte Schatten beim Hineinneigen des Messers in den Strahlengang genau der Distanz der Caustik entspricht. Letztlich hat die Vereinfachung des Verfahrens dahingehend aber nicht auch die entsprechende Empfindlichkeit mit sich gebracht. So wurde die Methode weitgehend verlassen.
 

Der laterale Drahttest:

Als Alternative zum Caustiktest kann der laterale Drahttest dienen. Dieser Test weist große Ähnlichkeit mit dem Caustiktest auf, so wird auch hier die Position der Caustik vermessen, also die Größe x, wobei allerdings y nicht der Caustik folgt sondern konstant gelassen wird.

Praktisch geht man folgendermaßen vor:

1.) Der Spiegel wird senkrecht aufgestellt. Vor dem Spiegel wird eine Leiste befestigt, in der in regelmäßigen Abständen (ca. 20mm) kleine Nägel geschlagen wurden. Sie dienen als Markierung. Dabei wird die Leiste so eingerichtet, daß die  Markierungen symmetrisch zur Spiegelmitte sind. Diese Nägel kann man beim Test als Schatten vor dem Spiegel sehen.

2.) In der optischen Achse, wenige cm vom Kugelzentrum des Spiegels entfernt, befindet sich die Lichtquelle. Ich verwende immer noch eine helle 12 V Glühlampe aus der Raumbeleuchtung. Davor befindet sich eine Lochmaske mit einem extrem feinen Nadelloch. Man fertigt sich dieses aus einer festen Alufolie (Deckel eines Yoghurtbechers) Man legt die Folie auf eine Edelstahlplatte (Küchenspühle) und tippt ganz leicht mit der feinsten Nähnadel auf die man finden kann. Das Ergebnis ist ein mikroskopisches Loch!

3.) Statt der Messerschneide verwendet man einen Draht. Ich habe verschiedenes ausprobiert. am besten funktioniert ein Negativ, fotographiert mit einer 35mm-SLR Kamera von einer Vorlage mit verschieden dicken weißen Linien auf schwarzem Grund. Die feinen Linien auf dem entstehenden Negativ sind gut für den Test geeignet. Am besten gelingt der Test wenn Draht und Punktlichtquelle vergleichbare Größe hat.

4.) Lichtquelle und Draht werden auf einem Kreuztisch angebracht. Am genauesten ist die Messung wenn der Draht unmittelbar über der Lichtquelle in der optischen Achse angebracht werden. Die Position quer zur optischen Achse muß mit einer Genauigkeit von 1 / 1000 mm  bestimmt werden. Der größte Aufwand entsteht durch den Bau oder Erwerb eines präzisen x-y-Kreuztisches. brauchbar ist ein guter Kreuzsupport einer alten Drehbank, oder der Kreuztisch  einer Bohr/Fräseinrichtung.

5.) Von der punktförmigen Lichtquelle fällt das Licht auf den Spiegel und wird von ihm wieder in einem Punkt abgebildet. Man richtet alles so ein, daß sich Lichtquelle und Draht etwa 1 cm außerhalb des Kugelradius der äußersten Zone befinden. Der Draht wird als Schatten auf den Spiegel projiziert.
Man misst Zone für Zone die Distanz, die der Draht zurücklegen muß, damit sein Schatten von der linken zur korrespondierenden rechten Zone auf dem Spiegel wandert. Dazu bringt man den Schatten präzise mit den entsprechenden Pins des Pinsticks zur Deckung.

6.) Die Auswertung von Hand wäre etwas kompliziert, man macht es sich einfach und gibt die Daten in ein Programm namens "Sixtests" von James Burrows ein. Dieses Programm ist frei zum Kopieren erhältlich. Die Adresse: http://home.earthlink.net/~burrjaw/public/win6.zip  Als Testverfahren wählt man "Caustic" Man muß darauf achten die Messwerte negativ einzutragen (z.B. -0.765 mm) wenn sich der Draht näher zum Spiegel als der Radius der Kurvatur (ROC) befindet, positiv (+ 0.765 mm ) wenn man sich außerhalb der ROC befindet. für die Distanz Y wird 0 eingetragen.
Überhaupt ist die Eingabe bei dem Programm etwas gewöhnungsbedürftig, allerdings liefert James Burrows eine Reihe Beispielfiles mit, die man dann entsprechend der eigenen Messserie anpassen kann.

Trotz des Aufwandes, den man für den Kreuztisch und eine Messuhr aufbringen muß, bietet der Test tatsächlich auch praktisch eine deutlich sicherere Aussage über die Form des Spiegels. Sowohl die äußeren Zonen als auch das Spiegelzentrum kann mit diesem Test präzise beurteilt werden.

Bilder zum Lateralen Drahttest:http://www.marty-atm.de/drahttest/drahttestf.htm
 
 
 
 

Literaturliste:

Spiegelfernrohre - selbst gemacht, Martin Trittelvitz, Spektrum Verlag

Amateur-Telescope-Making , Band 1, Willman-Bell

Foucaultsimulator , Homepage des Verfassers; http://www.marty-atm.de

Foucaultdatenprogramm   "Parabel":   http://www.marty-atm.de/PARABEL.ZIP

Weitere Programme zur Auswertung von Testverfahren: http://www.marty-atm.de/1alinks.htm    unter Software

Hans Rohr, "Das Fernrohr für Jedermann" Rascher Verlag Zürich (leider vergriffen)

Texerau "How to make a Telescope", Willman-Bell; Zur Zeit beste Anleitung für das Schleifen von kleinen Spiegeln.

Kurt Wenske "Spiegeloptik" Sterne und Weltraum Taschenbuch Nr. 7

Krige/Berry; "The Dobsonian Telescope"; Willman-Bell; Anleitung zum Bau von großen und kleinen

Dobsonteleskopen, Anleitung zum Schleifen eines großen dünnen Spiegels.

Sehr empfehlenswert!

Artikel aus Astronomischen Zeitschriften:

Phillipp Keller, "Prüfmethoden für Parabolspiegel " Interstellarum, 2/95, Nr. 3

Erwin Herrig, "Ein neuartiges Schiefspiegler-system", Sterne und Weltraum 3/92

Christine Riedel, "Spiegel Marke Eigenbau", Sterne und Weltraum 1/94,3/94,12/95

Backjard Astronomie:"Star-Test Your Telescope", Sky and Telescope, August 1995

Internetseite von Mel Bartels ; http://www.efn.org/~mbartels/