16 Zoll f/5 aus Sital
Martin Trittelvitz
Seit Monaten liegt mir Roland in den Ohren. "Bitte schleif mir doch
den 16 Zoll Spiegel". Er hat einen preisgünstigen Rohling aus den
USA bekommen. Es ist eigentlich ein verdorbener Parabolspiegel, er ist
beim Polieren wohl trocken gelaufen, und es sind tiefe Löcher in
der
sonst glatt polierten Oberfläche zu erkennen. Außerdem sind
ein paar kleine Luftblasen im Inneren sichtbar, die spielen eigentlich
keine Rolle, da sie gar nicht in die Nähe der Oberfläche
kommen.
Die Optikfirma hat den Spiegel aufgegeben und als Rohling verkauft.
Da der Rohling 6 cm dick ist, ist er doch ziemlich schwer, und hilft
mir
dabei, meine Kondition zu verbessern, da er natürlich ständig
zum Waschen oder Testen hochgehoben und getragen werden muß.
Die vorhandene Kurve gibt dem Spiegel eine Brennweite von 1850 mm,
das ist Roland zu kurz! Er möchte mindestens 2000 mm Brennweite
haben.
Nun ja, Roland macht mir ein ordentliches Angebot und ich akzeptiere.
Eigentlich bin ich ganz zufrieden damit, daß ich nicht nach der
Fertigstellung
des Spiegels noch einen Spiegel oder ein weiteres Fernrohr zu
Hause
rumliegen haben werde!
1.) Der Brennweite des Spiegels soll
verlängert
werden.
Normalerweise bekommt man einen flachen Rohling,
und muß die Brennweite verkürzen. Dazu muß man den
Spiegel
innen aushöhlen. Nun soll hier die Brennweite verlängert
werden:
Ich muß also den Rand abtragen. Das geht aber nur mit einem Tool,
welches eben so groß ist wie der Spiegel und welches an den
Spiegel
bereits angepasst ist. Oder mit einem kleinen Tool, mit dem man gezielt
den Rand des Spiegels abträgt. Ich beschließe mir einen
kräftigen
Feldstein aus Granit zu besorgen, ich finde einen am Wegrand im
Fläming,
er stammt wahrscheinlich aus Norwegen und ist mit der letzten Eiszeit
vor
10000 Jahren hierher gereist. Ich bearbeite den Rand mit Carbo 80 mit
möglichst
regellosen Strichen und drehe den Rohling auf seiner Unterlage aus
einem
Stück Teppich fleißig, damit er später keinen
Astigmatismus
bekommt
Nach ein oder zwei Stunden ist die Verlängerung der Brennweite
bereits erfolgt. Ich habe Bedenken, daß die Brennweite sich beim
anschließenden Feinschliff wieder verkürzt, daher will ich
den
Krümmungsradius später regelmäßig mit dem
Sphärometer
kontrollieren. Es stellt sich aber heraus, daß meine Bedenken
unbegründet
sind.
2.) Ich stelle mir ein Tool für den Feinschliff her:
Ich
habe bisher immer mit Glasrohlingen als Tools geschliffen. Diese
Möglichkeit
habe ich nun nicht mehr: Dann hätte ich den Rohling schon
während
des Grobschliffes an den Spiegel anpassen müssen. Ich
beschließe
daher ein Tool aus Gips und Keramikfliesen anzufertigen.
Den gesamten Spiegel stecke ich in eine große Plastiktüte,
damit er beim Guß vor dem Gips geschützt ist. Aus einem
Streifen
Plastik rolle ich eine Form, diese decke ich mit einer Plastiktüte
ab, sodaß ich nun eine Form für den Gips habe. Ich
rühre
soviel Gips an, wie ich brauche um ein Tool von ca 5 cm Dicke zu
bekommen,
und gieße diesen in die Form. Daß er so schnell abbindet
wußte
ich nicht, so sah die Gipsscheibe nach dem Abbinden ziemlich rauh und
zerklüftet
aus. Die Fläche, welche Kontakt zum Spiegel haben soll, hat aber
die
richtige Wölbung und ist schön glatt Ich lasse diese Scheibe
eine Woche austrocknen. Ich bin zufällig solange nicht in Berlin,
so daß es mir nicht schwerfällt!
Nun habe ich die Gipsscheibe mit Badezimmerfliesen beklebt. Ich habe
dazu sechseckige Dekorfliesen genommen. diese sind schon auf einer
Gazematte
miteinander verbunden. Ich schneide aus der Matte ein rundes Stück
aus und lege es auf die Gipsfläche. Das ganze tränke ich gut
mit einem Epoxikleber. Wie sich zeigt ist dieser ziemlich
dünnflüssig,
so daß das meiste davon in den Gips aufgesogen wird. Ich
wiederhole
das also indem ich den Kleber in die Ritzen zwischen den Fliesen
gieße.
Da ich Angst habe es könnten sich Carbokörner in der
zerklüfteten
Oberfläche des Tools festsetzen schleife ich die Flächen,
welche
nicht von Fliesen bedeckt sind glatt, und lackiere sie ebenfalls mit
Epxoiharz.
Es folgen etwa 1 Stunde Grobschliff in denen die Fliesen sich an die
Oberfläche
des grobgeschliffenen Rohlings anpassen.
3.) Der Feinschliff:
Der Feinschliff verläuft eigentlich ganz normal wie bei jedem
Spiegel, ich brauche bloß etwas länger. Es stellt sich
heraus,
daß Sital doch härter ist als Duran, oder BVC, mit denen ich
es bisher zu tun gehabt hatte. Pro Körnung muß ich doch
einige
Stunden schleifen. Irgendwelche Probleme mit Carbokörnern, die
sich
in den Ritzen des Tools auf die feingeschliffene Oberfläche
schmuggeln
könnten habe ich nicht, ich schrubbe das Tool auch exzessiv unter
fließendem Wasser beim Wechsel der Körnung
Ich schleife die Oberfläche mit möglichst wenig
gleichförmigen
Strichen und versuche diese aber trotzdem gleichmäßig
sternförmig
auf die Oberfläche zu verteilen. Gleichzeitig drehe ich den
Spiegel
auf seiner Unterlage regelmäßig, damit nicht eine Richtung
auf
dem Spiegel bevorzugt wird. Obgleich ich mir Zeit lasse bleiben doch
einige
tiefe Pits zurück, die mit dem weiteren Feinschliff nicht mehr zu
beseitigen sind. Ich beschließe diese zu ignorieren, sie werden
sich
sicher nicht auf das spätere Bild auswirken. Zur Kontrolle der
Oberfläche
benutze ich das Sphärometer, mit dem ich sowohl den
Krümmungsradius
bestimme, als auch die Gleichmäßigkeit der Oberfläche
kontrolliere.
Der Krümmungsradius wird aus der gemessenen Tiefe der Wölbung
bestimmt, durch die Messung des Krümmungsradius an mehreren
Stellen des Spiegels kann man feststellen, ob der Spiegel diese
Wölbung
auch überall gleichmäßig aufweist.
Als sehr brauchbar stellt sich die Filzschreibermethode heraus. Man
macht ein großes Kreuz mit einem Filzschreiber auf den Spiegel.
Beim
weiteren Schleifen kann man sehen wie das Kreuz gleichmäßig
langsam verschwindet. Zuletzt ist noch ein Hauch der dunklen
Färbung
zu erkennen, bis auch dieser verschwindet. Mit eine Lupe kann man
erkennen
ob noch Farbe in tieferen Löchern stehengeblieben sind.
Ich schleife bis zur Körnung 1000. Der Spiegel hat danach eine
feine gleichmäßige und genau kugelförmige
Oberfläche.
Das gute Ergebnis kommt auch durch die Härte des Materials
zustande.
Bei weicherem Material ist dieser Endzustand nach dem Feinschliff so
nicht
so leicht zu erreichen, obgleich das ganze länger gedauert hat.
4.) Vorbereitungen zum Polieren:
Als Grundlage für die Pechhaut, mit der ich dann die
Oberfläche
weiter bearbeite, benutze ich einen 10 Zoll Rohling, der als
Schleifschale
von einem früheren Projekt noch übrig war. Da man manchmal
noch
mal zum Feinschliff zurück muß empfiehlt es sich nicht das
Gipstool
vom Feinschliff zu verwenden. Ich stelle mir eine schöne Pechhaut
her, wie ich es gewohnt bin mit Hilfe der Silikongußform von der
Materialzentrale der VDS. Nach dem Gießen weist sie über die
ganze Fläche angeordnete Pyramidenförmige Noppen von ca 6 * 6
mm Grundfläche auf. Zum Anpassen presse ich sie auf die
Spiegelfläche
die ich zuvor zum Trennen mit einer Suspension von Poliermittel
eingepinselt
habe. Da sich die Pechhaut beim ersten Mal nicht völlig der
Oberfläche
anpasst, erwärme ich sie mehrfach mit einem Fön und presse
nochmal
mehrfach warm, bis die Abdrücke der Noppen in der Pechhaut
gleichmäßig
auf der Spiegelfläche in der Poliermittelschicht zu sehen sind.
5.)
Politur und Parabolisierung:
Hier kann man mich beim Polieren sehen, (man beachte die
Arbeitskleidung!
Beim Feinschliff und beim Polieren ziehe ich auch noch die Uhr aus!
Eine
der Ursachen für die ungeliebten Kratzer sind wohl die
Karbokörnchen,
die man im Ärmel eines Arbeitskittels auf den Spiegel schleppt!
oder
im Uhrenarmband.) Poliert wird nach bewährtem Muster:
Möglichst
unregelmäßige Striche, diese sternförmig um den Rohling
herum verteilen. Den Rohling regelmäßig drehen. So treten
gar
keine Zonen auf. Der Spiegel wird von Anfang an gut sphärisch mit
einem Hang zur hängenden Kante. Da das Polieren durch die
Härte
des Materials so schleppend vor sich geht, greife ich auf einen alten
Trick
zurück: ich poliere mit 1000er Carbo! Das geht viel schneller als
mit Ceroxid, aber man muß höllisch aufpassen. Nach wenigen
Stunden
(ca 3) ist die Oberfläche bis zum Rand gut anpoliert, ich mache
also
mit Ceroxid weiter. Es dauert noch einige Sunden (12) bis der Spiegel
auspoliert
ist. Am Ende ist immer noch etwas von meiner hängenden Kante
übrig,
ich beschließe jedoch schon zum Parabolisieren überzugehen.
Das Parabolisieren erledige ich mit einem 6 Zoll- und einem 4 Zoll-
Tool: Einfach zentrale Striche mit dem 6 Zoll Tool etwa 5 Minuten und
gelegentlich
zum Ausgleichen abwechselnd unregelmäßige Striche. Das sorgt
dafür, daß das Zentrum des Spiegels mehr angegriffen wird,
und
so von außen nach innen ein gleichmäßiger Verlauf zu
einem
kürzeren Kugelradius zustande kommt. Ich mache das so lange bis
der
Spiegel leicht überparabolisiert ist und trage die entstehenden zu
hohen Anteile des Spiegels später ab. So bekomme ich gezielt eine
ganz gute Figur ohne großes rumprobieren. Dabei hilft mir mein
Foucaultprogramm,
das mir ein Bild der Wellenfront zur Verfügung stellt, und so
genau
anzeigt wo die Kurve zu hoch ist und abgetragen werden muß.
Zudem verwende ich erstmals den quantitativen Ronchitest wie Mel
Bartels ihn vorschlägt. Vor allem zeigt er Zonen an und auch
den
Rest meiner hängenden Kante!
Ich bearbeite die äußerste Zone des Spiegels mit dem Daumen
um die starke Krümmung am Rand zu reduzieren. Zwischendurch
gleiche
ich die Oberfläche wieder durch unregelmäßige Striche
aus,
damit nicht neue Zonen entstehen. trotz aller Bemühungen bleibt
ein
etwa 2 mm breiter Rand abgesunken, und die Oberfläche ist im
Randbereich
etwas unruhig, ohne daß schon von einer narbigen oder
Hundekuchenoberfläche
gesprochen werden kann.
Zum Schluss trimme ich die Kurve noch genau mit den Polierern und dem
Handballen.
6.) Erfahrungen mit dem fertigen Spiegel:
Ich glaube ich kann diesen Spiegel nicht mehr verbessern, außer
daß ich die äußersten 3 mm des Randes abdecke. Ich
mache
das sonst mit einem Filzschreiber, aber in diesem Fall werde ich sie
wohl
abschleifen. Das mache ich aber ganz zum Schluß, wenn der Spiegel
so endgültig akzeptiert wurde. Nun muß Roland erst mal seine
Dobsonmontierung fertigmachen, damit wir den Spiegel ausgiebig am Stern
und mit dem Ronchigitter prüfen können. Danach kann ich den
Bericht
ja ergänzen.